„Das Schild ist’s, das den Kunden lockt.“ Dies sagte schon Jean de La Fontaine im 17. Jahrhundert. Daran hat sich auch heute nichts geändert. Firmen benötigen ein ansprechendes „Aushängeschild“ neudeutsch Employer Branding, um attraktiv sowohl für aktuelle Mitarbeiter als auch für zukünftige Bewerber zu sein. Doch was macht heute ein Unternehmen attraktiv für ihre Mitarbeiter? Wie wirkt sich der demografische Wandel auf die zukünftige Arbeitskultur aus und was können Firmen heute schon machen, um auch die zukünftige Generation anzusprechen? Fragen denen ich hier auf der Spur bin.
Wie können die Unternehmen durch den Wandel weg vom Arbeitgebermarkt hin zum Arbeitnehmermarkt ihre Mitarbeiter halten und Neue dazu gewinnen?
„Branding“ kommt ursprünglich aus dem Marketing und steht für die Entwicklung einer Marke. Hierbei sind nicht nur Äußerlichkeiten wie das Logo oder der Internetauftritt einer Firma gemeint, sondern es sollen Emotionen geweckt und eine Verbindung zum Kunden durch gemeinsame Ziele geschaffen werden. Beim Employer Branding wird genau diese Philosophie auf den Arbeitgeber übertragen. Ziel ist es also bei den Mitarbeitern, als auch bei potentiellen Kandidaten Emotionen zu wecken, die eine Verbindung zum Unternehmen entstehen lassen. Es ist also sehr entscheidend das Unternehmen ihr eigenes Branding optimieren, pflegen und stetig weiterentwickeln. Der Wert der Arbeitgebermarke wird durch den Arbeitsmarkt, also sprich die Arbeitnehmer, bestimmt.
Eine hohe Arbeitgeberattraktivität spiegelt sich in einem höheren Unternehmenserfolg wider. Die Attraktivität senkt die Fluktuation der Mitarbeiter und Kosten für Rekrutierung sowie Wissensverlust werden minimiert. Die Mitarbeiter zeigen sich motivierter und sind bereit überdurchschnittliche Leistungen zu erbringen. Auch die Wissenschaft bestätigt, dass der Unternehmenserfolg von attraktiven Arbeitgebern deutlich höher ist. Laut TOP JOB Studie¹ 2021 der Universität St. Gallen ist das Unternehmenswachstum um 28% höher. Auch was den Arbeitnehmer betrifft sind Zufriedenheit, Produktivität und der Gesundheitszustand zwischen 10 und 27 % höher. Emotionale Erschöpfung und Kündigungsabsicht hingegen bis zu 36% geringer als bei wenig attraktiven Unternehmen. Alleine diese Tatsache kann natürlich schon ein Anreiz sein, dass Unternehmen an der eigenen Attraktivität arbeiten.
Nur mit motivierten und zufriedenen Mitarbeitern kann ein Unternehmen langfristig seinen Erfolg sichern
In der Zukunft kommt jedoch ein weiterer Knackpunkt hinzu: Die demographische Entwicklung. Die Baby Boomers, die zwischen 1946 und 1964 geboren wurden, werden sich in den nächsten Jahren in den Ruhestand verabschiedet haben. In der immer älter werdenden Gesellschaft mit immer weniger Erwerbstätigen, wird das Buhlen nach gut ausgebildeten Fach- und Führungskräften stetig zunehmen. Das KfW-ifo-Fachkräftebarometer² des ifo Instituts bestätigt diesen Trend. Im 4. Quartal 2021 haben 43% der befragten Unternehmen angegeben, dass ihre Geschäftstätigkeit durch den Fachkräftemangel behindert wird. Das ist der höchste Stand seit der Wiedervereinigung.
Deshalb liegt es quasi schon auf der Hand, dass Unternehmen im Zugzwang sind an ihrer Attraktivität zu feilen, um auch den Bedürfnissen der aktuellen und zukünftigen Generationen gerecht zu werden.
In Zukunft werden sich nicht mehr die Mitarbeiter den Unternehmen anpassen müssen, sondern die Unternehmen werden sich den Mitarbeitern anpassen müssen
Damit eine Firma ihr Image verbessern kann, steht zu Beginn das Analysieren des eigenen Unternehmens an. Es sollen Stärken als auch Schwächen erarbeitet werden mit dem Ziel die Stärken weiter auszubauen. Dies geschieht bestenfalls unter Einbeziehung der Mitarbeiter, da sie vor allem die Schwachstellen und Probleme kennen und ihre Bedürfnisse einbringen können. Eine entscheidende Frage, die es durch die Unternehmen zu klären gilt: Warum soll sich ein Bewerber genau bei uns bewerben bzw. welchen Mehrwert biete ich meinen Angestellten. Dieses Alleinstellungsmerkmal ist vergleichbar mit dem USP, der auf dem Absatzmarkt relevant ist. Die Unternehmensvision entwickelt sich aus genau diesem Merkmal. Damit die Vision erreicht werden kann, ist es sinnvoll Werte zu definieren, die das Unternehmen verkörpern und den Weg dorthin ermöglichen.
Um diese Unternehmenskultur nach außen zu tragen, ist es natürlich entscheidend, welche Zielgruppe ich als Unternehmen ansprechen möchte. Verschiedene Zielgruppen sollten auch über unterschiedliche Kanäle angesprochen werden. Beispielsweise taucht hier die Fragestellung auf, ob eine Stellenanzeige in der örtlichen Tageszeitung oder auf einer Social Media Plattform besser aufgehoben ist. Neben dem externen Employer Branding ist es jedoch auch wichtig, dass dieses mit dem internen Employer Branding übereinstimmt. Denn nur so wird die Arbeitgebermarke von den Mitarbeitern auch authentisch nach außen getragen. Den wichtigsten Punkt für ein starkes Employer Branding sehe ich darin, dass die Unternehmensvision gelebt wird. Nur so kann sie auch überzeugend bei Kunden und Mitarbeitern ankommen.
Hier kommt nun das Thema Emotion und Verbindung wieder ins Spiel, das bei dem eingangs erwähnten „Branding“ ja die Zielsetzung ist. Der Mitarbeiter möchte sich in den Unternehmenswerten sowie der Vision wiederfinden und seine Arbeit im Unternehmen soll für ihn von Bedeutung sein und Sinn stiften. Die Generationen X und Y sind während des Wirtschaftswachstums in Wohlstand aufgewachsen, haben eine gute Ausbildung genossen und mussten nichts entbehren. Wenn man sich nun die Bedürfnispyramide nach Maslow vor Augen führt, sind demnach die unteren Stufen bestehend aus Grundbedürfnissen, Sicherheitsbedürfnissen, Sozialen Bedürfnissen und Individualbedürfnissen bei den Generationen X und Y bereits befriedigt. Das Streben nach Wachstum zur sogenannten Selbstverwirklichung stellt die nächste Stufe dar. Nicht umsonst ist der Markt mit Coachingangeboten regelrecht überflutet. Der Mitarbeiter strebt an in einem Unternehmen zu arbeiten, das mit seinen eigenen Werten und Zielen korreliert und er sich in der Unternehmensvision und den -werten wiederfindet.
Die Selbstverwirklichung steht bei den zukünftigen Arbeitnehmern mit an erste Stelle
Die TOP JOB Studie 2021 der Universität St. Gallen benennt die TOP 3 Treiber mit New Culture, Vertrauen und Internes Unternehmertum. Unter New Culture versteht sich zum einen die Arbeitsstruktur, die jeder Mitarbeiter flexibel und eigenverantwortlich managt. Ebenso auch die Nutzung von agilen Methoden sowie ein Management, das als Vorbildfunktion diese neue Arbeitskultur lebt und mit Vision und Inspiration vorausgeht. Das Vertrauen muss in einer New Culture tief verankert sein, denn nur so funktioniert das zeitlich und örtlich flexible Arbeiten. Eine starke Vertrauenskultur im Unternehmen schafft eine kooperative Beziehung zwischen Führungskräften und Mitarbeitern, was wiederum als attraktiv empfunden wird. Außerdem wird von Mitarbeitern das interne Unternehmertum als sehr wichtiger Aspekt genannt. Darunter versteht sich, dass Mitarbeiter aufgefordert werden neue Ideen zu kreieren und abteilungsübergreifend voranzutreiben. Durch das Ausleben von kreativer Freiheit erfährt der Mitarbeiter Selbstwirksamkeit, die sich durchaus sinnstiftend auf seine Arbeit auswirkt.
Neben diesen Treibern gibt es auch zahlreiche Bedürfnisse und Wünsche die Mitarbeiter an ihre Arbeitgeber richten. Als zentrale Anlaufstelle für die Umsetzung von Arbeitnehmerbedürfnissen steht die HR-Abteilung. Sie kümmert sich durch gezielte Maßnahmen darum, dass die Wünsche der Mitarbeiter erfüllt werden und so langfristig dem Unternehmen treu bleiben.
Bei den Mitarbeitern hoch im Kurs stehen cross-funktionale Weiterbildungen, bei denen sich die Mitarbeitenden sowohl in der eigenen Fachrichtung weiterbilden, als auch Kompetenzen aneignen, die über den eigenen Tätigkeitsbereich hinausgegen. Dadurch wird die ganzheitliche Sicht auf die Unternehmensaktivitäten gefördert. Als weiterer wichtiger Punkt steht die Würdigung von innovativen Ideen und Projekten, die im Unternehmen sichtbar für alle Mitarbeiter ausgezeichnet werden und als gemeinsamer Teamerfolg gefeiert werden. Dies stärkt das unternehmerische Denken und die Verbindung zum Unternehmen.
Wichtig ist, dass die HR-Instrumente nicht blind ausgewählt werden, sondern auch zum Unternehmen passen. Die TOP JOB Studie 2021 bietet hierfür ein Modell mit drei verschiedenen Säulen von Bedürfnissen, die Arbeitnehmer an ihren Arbeitgeber haben. Diese Säulen beinhalten beispielsweise ein modernes Arbeitsumfeld, persönliche Entwicklung und Familienfreundlichkeit. Dies sind zusätzliche Stellhebel, die neben den drei großen Treibern in Betracht gezogen werden können, um an der Attraktivität zu arbeiten. Bei der Einführung von HR-Maßnahmen ist Geduld gefragt. Alles Neue braucht Zeit. So sollte jede Maßnahme sorgfältig geplant, langfristig getestet und mithilfe des Mitarbeiterfeedbacks evaluiert werden.
Das bedürfnisbasierte Modell von Arbeitgeberattraktivität (eigene Darstellung), Quelle: TOP JOB Studie 2021
Die Attraktivität wird auf dem Arbeitsmarkt eine immer wichtigere Rolle einnehmen, soviel steht fest. Bedingt durch den demographischen Wandel hin zu einem Arbeitnehmermarkt, werden es weniger attraktive Unternehmen immer schwieriger haben, geeignete Bewerber für sich zu gewinnen. Es gilt die Bedürfnisse der aktuellen Generation Y als auch der der zukünftigen Generation Z genau zu erörtern, um bereits jetzt die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen und nicht den Sprung zu verpassen. Auch in der digitalisierten Arbeitswelt wird der Mitarbeiter weiterhin das wichtigste Kapital eines Unternehmens bleiben. Die attraktivsten Arbeitgeber werden den sogenannten „war of talents“ für sich entscheiden. Grund genug sich als Unternehmer mit der Thematik auseinanderzusetzen, um nicht in ein paar Jahren alleine im Büro oder einem Onlinemeeting zu sitzen.
Nun liegt es an den Unternehmen, sich auf die neuen Gegebenheiten am Arbeitsmarkt einzustellen. Wer zu spät handelt geht am Ende leer aus
Quellen:
1 https://topjob.de/wissenswertes/detail/trendstudie-arbeitgeberattraktivitaet/