Um den digitalen Euro ranken sich viele Mythen. Normal, sollte der geneigte Leser jetzt denken, denn immerhin existiert dieses neue „Geld“ bisher nur auf dem Papier in Konzepten und Rechtsvorlagen der EZB und ihren Arbeitsgruppen. Doch worum geht es eigentlich bei dem digitalen Euro wirklich und wie soll dieser irgendwann einmal funktionieren?
Central Bank Digital Currencies (CBDCs) sind digitale Währungen, die von Zentralbanken herausgegeben werden. Im Gegensatz zu traditionellen Währungen existieren sie in digitaler Form und basieren auf der Blockchain-Technologie (Kette von chronologisch aufeinanderfolgenden Transaktionen, die sich kontinuierlich erweitert. Jede Transaktion stellt ein Kettenglied dar) oder anderen verteilten Ledger-Technologien (unveränderliche Persistierung der Veränderungen im Krypto-Netzwerk, welches sowohl die Anonymität sichert als auch die Transaktionshistorie sicherstellt). Die genaue Technologie kann je nach der Zentralbank und ihren Präferenzen variieren.
Die Blockchain-Technologie ist eine Art verteiltes Ledger, das Transaktionen in Blöcken aufzeichnet und durch kryptographische Verfahren gesichert ist. CBDCs können auf einer privaten oder öffentlichen Blockchain basieren, abhängig von den Anforderungen und Zielen der Zentralbank. In vielen Fällen wird jedoch eine private Blockchain bevorzugt, um eine bessere Kontrolle und Sicherheit zu gewährleisten.
Hierzu ist es wichtig zu verstehen, dass CBDCs -wie der digitale Euro- Geld ist, welches niemals gedruckt wird. Dies ist auch der zentrale Unterschied zu unserer FIAT-Währung (nicht der Automobilhersteller sondern von Lateinisch – „es werde“), dem Euro. CDBCs werden von den Zentralbanken als weiteres gesetzliches Zahlungsmittel bereitgestellt. Da es sich hierbei um keine physische Währung handelt, kann mit einem solchen Zahlungsmittel auf die Ausgabe und Verteilung durch dezentrale Stellen verzichtet werden.
In der nachfolgenden Grafik ist der Unterschied hervorgehoben.
Wie wir sehen, liegt die gesamte Steuerung dieser „Währung“ bei der Zentralbank in unserem Falle der EZB. Dies ermöglicht es der EZB, auf die Banken als Ausgabestelle zu verzichten.
Die Zentralbank als verwaltende Stelle der Wallets kann gewisse Policies für die Nutzer der neuen Währung erlassen. Kommen wir also zu den innovativen Möglichkeiten, die hierdurch geschaffen werden.
Die EZB kann mittels Richtlinien die Geldmenge pro Bürger (Wallet), genauso wie weitere Parameter, begrenzen. In einer ersten Version soll die Geldmenge begrenzt werden.
Hierbei beziehe ich mich auf die „Frage 18“ auf der EZB Webseite:
„Unser Finanzsystem – in dessen Mittelpunkt das Bankensystem steht – funktioniert gut, und nach dem Willen des Eurosystems soll die zentrale Rolle der Banken bei der effizienten Kreditvergabe an die Realwirtschaft erhalten bleiben.
Die EZB wird jede potenzielle Bedrohung des Finanzsystems durch den digitalen Euro minimieren. Daher wird der Betrag in digitalen Euro, den Nutzer auf ihren Konten halten können, begrenzt sein, um auch in Krisenzeiten Abflüsse von Bankeinlagen zu verhindern.“
Aus vertrauenswürdigen Quellen (nicht öffentlich!) wird aktuell (Stand 13.01.2024) von einer Grenze von 3000 € pro Wallet ausgegangen. Dies soll vermeiden, dass es zu sogenannten „bank runs“ kommt. Also dass Nutzer, das Geld aus dem Euro Finanzsystem abziehen und einzig auf die Wallet übertragen. Im Worst-Case wäre in einem offenen System die Gefahr gegeben, dass Kreditinstitute einen großen Abfluss von Eigenkapital verzeichnen und in Schieflage geraten. Wieso das der Fall ist würde vermutlich einen weiteren Blogartikel füllen und daher verweise ich an dieser Stelle auf einschlägige Informationen aus dem Internet. Interessierte können sich hierzu gerne mal die Geldausgabemenge der EZB seit Bestehen ausgeben lassen und dazu noch die Informationen wie viel der Dollar als Leitwährung seit Einführung am 15. August 1971 an Wert verloren hat und womit dies zu tun hat, recherchieren.
Der große Vorteil von Papierwährungen, die auch autonom ohne Bankkonto funktionieren, ist die Anonymität. Das bedeutet, dass Zahlungen keinen Individuen zugeordnet werden können.
Im Fall einer digitalen Währung wäre denkbar, dass alle Transaktionen zu Personen und Unternehmen zugeordnet werden können. Daher beantwortet die EZB die Frage bezüglich Datenschutzes wie folgt:
Frage 14: „Der Schutz der Privatsphäre ist eines der wichtigsten Gestaltungsmerkmale des digitalen Euro. Das Eurosystem hat kein kommerzielles Interesse an persönlichen Zahlungsdaten oder an der Weitergabe solcher Daten an Dritte. Daher hätte das Eurosystem keinen Zugriff auf private Informationen der Nutzer, und würde diese auch nicht speichern.
Mit einem digitalen Euro könnte man Zahlungen tätigen, ohne seine Daten an Dritte weiterzugeben, es sei denn, diese Daten werden gemäß europäischem Recht benötigt, um illegale Handlungen zu verhindern.
Darüber hinaus würde die Offline-Funktion des digitalen Euro ein erhöhtes Maß an Privatsphäre gewährleisten, da die Zahlungsdaten nur Zahlenden und Zahlungsempfängern bekannt wären.“
Die Formulierungen lassen da aktuell noch sehr viel Interpretationsspielraum offen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels gibt es hierzu noch keine konkrete Festlegung der EZB - auch in Hinblick auf die technische Umsetzung der Datensicherheit und wie auch „Kontosperrungen“ vermieden oder durchgesetzt werden können.
Was ist programmierbares Geld? Die EZB beantwortet die „Frage 16“ wie folgt:
„Ein digitaler Euro wäre unter keinen Umständen programmierbares Geld.
Als programmierbares Geld wird eine digitale Form von Geld bezeichnet, die wie ein Gutschein für einen im Voraus festgelegten Zweck verwendet wird. Sie ist mit Einschränkungen versehen, wo, wann oder bei wem sie verwendet werden kann.
[…]“.
Kritiker verweisen auf Länder, die bereits Erfahrungen in diesem Bereich sammeln konnten. Es gibt z.B. Länder, die ein Scoring System verwenden, um dem Nutzer einen klaren Rahmen zu setzen, auf welche Art der Konsum erfolgen soll. Wir reden hierbei ua. über das Thema SocialScoring.
Es ist kein Zufall, dass die Frage nach dem Datenschutz und die Frage nach der Programmierbarkeit fast aufeinanderfolgend betrachtet werden durch die EZB. Denn ein digitaler Coin, der von zentraler Stelle ausgegeben und verwaltet wird, ermöglicht diesen Eingriff, da es sich hierbei primär um eine „technische“ Möglichkeit handelt, wie und wann „Geld“ einsetzbar ist- sofern die entsprechenden Daten vorliegen.
Daher hier die Frage: quo vadis EZB?
Hierzu ein definitives – Nein. Die Antwort wird sicher kaum überraschen. Der Hauptunterschied zwischen CBDCs und traditionellen Kryptowährungen wie Bitcoin besteht darin, wer die Währung herausgibt und wie sie unterstützt wird. CBDCs werden von staatlichen Zentralbanken herausgegeben und haben in der Regel eine feste Bindung an die nationale Währung. Sie sind gesetzliches Zahlungsmittel und werden von der Regierung unterstützt.
Im Gegensatz dazu sind Kryptowährungen dezentralisiert und werden von keiner Regierung oder Zentralbank herausgegeben. Beispiele hierfür sind Bitcoin und Ethereum. Kryptowährungen basieren oft auf kryptographischen Prinzipien und einem dezentralen Netzwerk von Computern, das als Blockchain fungiert.
Zusammenfassend kann man sagen, dass CBDCs eine spezifische Form digitaler Währungen sind, die von Zentralbanken ausgegeben werden und normalerweise auf der Blockchain-Technologie basieren. Im Gegensatz dazu sind Kryptowährungen eine breitere Kategorie von digitalen Währungen, die dezentralisiert sind und nicht zwangsläufig von einer staatlichen Institution unterstützt werden.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Central Bank Digital Currencies (CBDCs) können je nach Land und Rechtssystem variieren. Die Einführung von CBDCs wirft eine Vielzahl von rechtlichen Fragen auf, die von Regierungen, Zentralbanken und Aufsichtsbehörden sorgfältig berücksichtigt werden müssen. Hier sind einige der wichtigsten rechtlichen Aspekte, die bei der Einführung von CBDCs diskutiert werden:
1. Gesetzliches Zahlungsmittel: Die Anerkennung von CBDCs als gesetzliches Zahlungsmittel ist von entscheidender Bedeutung. Dies würde sicherstellen, dass CBDCs denselben rechtlichen Status wie physische Währungen haben.
2. Datenschutz und Privatsphäre: Die Nutzung von CBDCs wirft Fragen zum Datenschutz und zur Privatsphäre auf. Es müssen klare Richtlinien festgelegt werden, wie persönliche Daten im Zusammenhang mit CBDC-Transaktionen gesammelt, gespeichert und verwendet werden dürfen.
3. Geldwäschebekämpfung (AML) Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung (CTF): CBDCs müssen in das bestehende Regulierungssystem zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung integriert werden. Dies erfordert strenge Identifikations- und Überwachungsmaßnahmen.
4. Verbraucherschutz: Es müssen Regelungen zum Schutz der Verbraucher vor Betrug, Fehlverhalten und anderen unerwünschten Praktiken im Zusammenhang mit CBDCs geschaffen werden.
5. Technologische Sicherheit und Cybersecurity: Angesichts der digitalen Natur von CBDCs sind robuste Sicherheitsmaßnahmen und Schutzmechanismen gegen Cyberangriffe von entscheidender Bedeutung.
6. Geldpolitik und makroökonomische Auswirkungen: Die Einführung von CBDCs könnte Auswirkungen auf die Geldpolitik und die makroökonomische Stabilität haben. Es müssen rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, um diese Aspekte zu berücksichtigen.
7. Internationales Recht: Da CBDCs möglicherweise grenzüberschreitend genutzt werden, müssen rechtliche Fragen im Zusammenhang mit internationalen Transaktionen und Zusammenarbeitsvereinbarungen zwischen verschiedenen Ländern geklärt werden.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Diskussion über rechtliche Rahmenbedingungen für CBDCs noch im Gange ist. Viele Länder befinden sich in verschiedenen Stadien der Erforschung und Umsetzung. Die internationalen Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) spielen ebenfalls eine Rolle bei der Entwicklung von Leitlinien und Empfehlungen für CBDCs.
Central Bank Digital Currencies (CBDCs) und Bitcoin unterscheiden sich in mehreren Schlüsselaspekten, darunter ihre Ausgabebehörde, technologische Architektur, Zweck und Funktionalität. Hier sind einige der Hauptunterschiede:
1. Herausgeber und Zentralisierung
1.1. CBDCs: Werden von Zentralbanken herausgegeben und sind somit eine Form staatlicher Währung. Sie sind zentralisiert und unterliegen staatlicher Kontrolle.
1.2. Bitcoin: Wird dezentralisiert und von keiner zentralen Behörde oder Regierung kontrolliert. Bitcoin wird durch ein Netzwerk von Computern betrieben, die als Miner fungieren.
2. Technologische Grundlage
2.1. CBDCs: Können auf verschiedenen Technologien basieren, darunter Blockchain oder andere verteilte Ledger-Technologien. Die genaue technologische Basis kann von der jeweiligen Zentralbank festgelegt werden.
2.2. Bitcoin: Basierend auf der Blockchain-Technologie, einer dezentralen und transparenten Datenbank, die Transaktionen in Blöcken aufzeichnet.
3. Begrenzung der Ausgabe
3.1. CBDCs: Die Ausgabe von CBDCs wird von der jeweiligen Zentralbank kontrolliert und es gibt normalerweise keine eingebaute Begrenzung für die Menge an CBDCs, die erstellt werden können.
3.2. Bitcoin: Das Bitcoin-Protokoll begrenzt die Gesamtmenge auf 21 Millionen Bitcoins, wodurch eine deflationäre Eigenschaft entsteht.
4. Verwendungszweck und Funktion
4.1. CBDCs: Werden oft als digitale Form der bestehenden nationalen Währung betrachtet und können für allgemeine Zahlungen und Transaktionen genutzt werden. Sie sind gesetzliches Zahlungsmittel.
4.2. Bitcoin: Wird oft als digitales Gold betrachtet und hat verschiedene Anwendungen, darunter Peer-to-Peer-Zahlungen, Wertaufbewahrung und eine begrenzte Anzahl von Smart-Vertragsfunktionen.
5. Privatsphäre
5.1. CBDCs: Die Privatsphäre kann je nach Design variieren, und es müssen klare Richtlinien zur Handhabung persönlicher Daten festgelegt werden.
5.2. Bitcoin: Bietet pseudonyme Transaktionen, bei denen die Transaktionshistorie öffentlich, aber nicht unbedingt direkt mit realen Identitäten verknüpft ist.
6. Dezentralisierung
6.1. CBDCs: Sind in der Regel zentralisiert, was bedeutet, dass die Zentralbank die volle Kontrolle über die Ausgabe und das Funktionieren hat.
6.2. Bitcoin: Ist dezentralisiert und wird von einem verteilten Netzwerk von Teilnehmern betrieben, ohne dass eine zentrale Behörde die Kontrolle hat.
Diese Unterschiede zeigen, dass CBDCs und Bitcoin unterschiedliche Ziele und Funktionen haben. CBDCs sind staatlich herausgegebene digitale Währungen, während Bitcoin als dezentralisiertes digitales Asset konzipiert ist.
Mit der Einführung eines digitalen Euros werden einige Prozesse im Euro-Raum vereinfacht, die aktuell aufgrund der Historie sehr komplex aufgebaut sind. Der digitale Euro bietet hierbei die Chance, dass eine moderne Technologie Einzug in das Leben der Menschen in Europa erhält ohne eine Einschränkung oder gar Konkurrenz der aktuellen Währung zu erzeugen.
Wir dürfen gespannt sein, wie das Thema Datenschutz und programmierbare Währung umgesetzt wird und ob die Akzeptanz der Nutzer ähnlich hoch ist, wie gegenüber dem Euro.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Nutzer mit besonders Datenschutz-affinen Gedanken zukünftig mehr auf dezentrale Crypto Coins setzen werden um Ihre Anonymität zu gewährleisten, ist in meinen Augen jedoch hoch.
Quellen: